Die Werkstätte in der Trittligasse 34-36

 

Die Trittligasse liegt in der Altstadt von Zürich. Sie führt von der Oberdorfgasse in nordöstlicher Richtung zur Winkelwiese.

 

Ein Teil der steil ansteigenden Straße ist mit Treppenstufen versehen – in Schweizer Mundart „Trittli“ genannt –, von denen sich der heutige Name ableitet. Die Gasse besteht nachweislich seit mindestens 1489 und war damals unter der Bezeichnung Hinterste Gasse bzw. auch als „daz usser Gässli“ (die äußere Gasse) bekannt.

 

Die untere Trittligasse in Zürich

Der heutige Name für die Trittligasse wird seit etwa 1790 verwendet, galt seinerzeit aber nur für den unteren Abschnitt zwischen der Oberdorfstraße (damals noch Hauptstraße) und der Neustadtgasse, während der östliche Abschnitt bis zur Winkelwiese, in dem es keine Stufen gibt, zu jener Zeit noch als Dritte Gasse bezeichnet wurde.

 

Auch auf dem Züricher Stadtplan, genannt Müllerplan, entstanden zwischen 1788 und 1793, können wir sehen, dass die heutige Trittligasse früher aus zwei eigenen Teilstücken mit eigenen Namen bestand.

 

Den oberen Teil der heutigen Trittligasse, der nicht mehr so steil ist, und daher keine Stufen mehr hat, und der zwischen der heutigen Neustadtgasse und dem heutigen Ende an der Winkelwiese liegt, nannte man damals noch die Dritte Gasse. Ausgehend von der wichtigen Obere Kirchgasse, die vom Großmünster losgeht, her gesehen die dritte parallel verlaufende Gasse. Die Erste Gasse entspricht der heutigen Schlossergasse, die Zweite Gasse der heutigen Frankengasse.

 

Die obere Trittligasse in Zürich

 

Dort wo die Trittligasse im oberen Teil nachdem sie einen wunderschönen kleinen Platz passiert hat, und mit der Frankengasse zusammentrifft, steht auf der Ecke das Haus Trittligasse 34. Auf der Langseite der Häuserzeile Trittligasse 34-38 trifft dann ebenfalls die Winkelwiese auf den Platz.

 

Auszug aus der Amtlichen Vermessung
Die Häuser Trittligasse 34, 32 und 30 (v.l.n.r.) in Zürich. Entlang der Mauer links münden die Frankengasse und die Winkelwiese auf den Platz vor den Häusern.

 

Die Trittligasse 34 hat als Gebäude gleich noch mehrere Namen gehabt. Als die Züricher Neustadt gebaut wurde, wurden die Gebäude durchnummeriert und so erhielt das Gebäude auch die Bezeichnung Neustadt 120. Noch heute sehen wir über der Türschwelle im Türbalken ebenfalls noch eingraviert „Anno 1408“ und „Zum goldenen Lämmlein“ und „Renovatum 1914“. Nachweislich wurde das Haus in der Trittligasse 34 im Jahre 1408 errichtet und taucht zu dieser Zeit auch erstmal unter der Bezeichnung „hus zum Lemblein“ (mittelalterlicher Begriff für Lämmlein) in den Steuerbüchern auf.

 

In seiner langen Geschichte wurde das Haus mehrfach erweitert und auch 1914 aufgestockt. Ebenso wechselte es mehrfach den Besitzer.

1824 erwarb Johann Georg Oeri (1780-1852) das Haus nebst Waschhaus und Garten, Keller und Laboratorium für 3.000 Gulden von dem Tischlermeister Johannes II. Fries (1751-1824). Langjähriger Besitzer des Hauses wurde dann dessen Schwiegersohn Jakob Goldschmid (1815-1876) im Jahre 1858.

 

Wer mehr über die wechselvolle Geschichte des Hauses Trittligasse 34, und natürlich der benachbarten Gebäude erfahren will, dem sei das Buch „Im Zürcher Oberdorf – Geschichten und Denkwürdigkeiten von seinen Gassen und Häusern, vom Leben und Wirken der Bewohner“ von Heinrich Fries, erschienen 2001 im Chronos Verlag Zürich, sehr empfohlen. Sehr detailliert wird hier für fast jedes Haus im Oberdorf dessen Geschichte nachgezeichnet.

 

Ebenso wird das Haus Trittligasse 34 in dem Buch von Regine Abegg u.a. „Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, neue Ausgabe III.II Altstadt rechts der Limmat“, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern im Jahre 2007, erwähnt. Hier allerdings mit dem Hausnamen „Zum Goldenen Winkel“.

 

Im Zürcher Oberdorf – Geschichten und Denkwürdigkeiten von seinen Gassen und Häusern, vom Leben und Wirken der Bewohner
Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, neue Ausgabe III.II Altstadt rechts der Limmat

 

In dem Haus Trittligasse 34 hat Johann Georg Oeri (1780-1852) im Jahre 1808 seine Mechanische Werkstätte eröffnet. Diese wurde von seinem Schwiegersohn Jakob Goldschmid (1815-1876), wie auch dessen Nachfolgern, Rudolf Hottinger (1834-1883) mit der Firma Hottinger & Cie. und auch Th. Usteri-Reinacher (1841-1918) unter gleicher Adresse fortgeführt.

 

Trittligasse 34 in Zürich - Blick aus Richtung der Frankengasse
Trittligasse 34 in Zürich - Blick aus Richtung der Winkelwiese

 

Das gleich an das Haus Trittligasse 34 angebaute Haus Trittligasse 36 wurde, wie das ebenfalls im Innenhof anschließende Haus Trittligasse 34a und auch das wiederum an das Haus Trittligasse 36 angrenzende Haus Trittligasse 38 im Jahre 1860 errichtet.

 

Trittligasse 36 in Zürich - Blick aus Richtung der Winkelwiese

Da das Haus Trittligasse 36 als Werkstatt eingetragen wurde, steht zu vermuten, dass dort auch schon unter der Werkstattleitung von Jakob Goldschmid (1815-1876) bereits die Werkstätte einzog, oder besser gesagt darauf erweitert wurde.

 

Und auch Th. Usteri-Reinacher (1841-1918) firmierte noch immer unter der Adresse Trittligasse 34-36.

 

Erst dessen Nachfolger, Hans Mettler (1882-1965), der die Firma 1916 übernahm und in einem späteren Brief von bis zu 25 Mitarbeitern spricht, nennt in seinen Anzeigen nur noch die Trittligasse 36 und alternativ Trittligasse/Winkelwiese als Firmenanschrift. Im Jahre 1932 gibt Hans Mettler die Werkstätte in der Trittligasse endgültig auf, und übersiedelt nach Thalwil.

 

Trittligasse 38 (links) und 36 (rechts) in Zürich

 

Eine letzte umfangreiche Renovierung der Häuser Trittligasse 34-38 fand zwischen 2013 und 2015 statt, so dass sich das gesamte Anwesen heute wieder strahlend dem Besucher zeigt. Die gesamte Häuserzeile wie auch die angrenzenden Gärten, die schon zu alter Zeit sehr beliebt waren, stehen heute unter Denkmalschutz. Die Gebäude werden heute als Wohnungen genutzt.

 

 

Ende Oktober 2017 hat das Baugeschichtliche Archiv der Stadt Zürich einen Großteil seiner fotografischen Sammlung freigegeben, und öffentlich zugängig gemacht. Dieser Sammlung entnehmen wir einige wirklich schöne alte Fotografien des Hauses Trittligasse 34 und 36. Die Fotografen der nachstehenden Bilder sind unbekannt.

 

Trittligasse 34, Aufnahme von 1947
Trittligasse 34 (rechts) und 36 (links), Aufnahme unbekannten Datums

 

Das nachstehende Foto zeigt das Haus Trittligasse 34 vor dem Umbau und der Aufstockung im Jahre 1914.

 

Sehr schön zu sehen ist auch noch ein zweiter Eingang, den es heute so nicht mehr gibt. Links der heute noch so vorhandene Hauseingang und weiter rechts ein vermutlich doppelflügeliger Zugang zum Keller.

 

Trittligasse 34, Aufnahme vor dem Umbau und der Aufstockung 1914
Trittligasse 34, Aufnahme unbekannten Datums

 

Die Gebäude Trittligasse 34, 36 und 38 wurden im Jahre 2013 unter Denkmalschutz gestellt.

 

Im Jahre 2016 wurden an den Gebäuden Trittligasse 34 und 36 Gedenktafeln, s.g. Denkmalschutz-Tafeln, angebracht.

 

Auf diesen Denkmalschutz-Tafeln lesen wir für die Trittligasse 34:

 

1408 erstmalige Erwähnung als Schwesternhaus (Wohnhaus für Beginen). 1571 Umbau des mittelalterlichen Vorgängerbaus in ein gemauertes dreigeschossiges Wohngebäude mit hölzernem Anbau auf der Hangseite. 1612 Anbau in Stein neu errichtet. 1637 erstmalige Erwähnung des neuen Hausnamens Goldener Winkel. 1644 drittes Obergeschoss in Fachwerk und neuer Dachstuhl. 1914 eingreifender Umbau für Schreinermeister Johann Georg Schäfer-Rüegg mit Neugestaltung der Fassaden.

 

Und für die Trittligasse 36:

 

Um 1780 wird das vordere Hofgebäude Nr. 36 als Werkstatt von Tischmacher Johannes Fries erstellt. 1868 Einbau von repräsentativen Wohnräumen im 1.Obergeschoss. 1861 Neubau des hinteren Hofgebäudes Nr. 38 anstelle eines Vorgängerbaus. Jakob Goldschmid führte darin die „Meteorologische, physikalische und mechanische“ Werkstatt seines Schwiegervaters „Mechanikus“ Georg Oeri weiter.

 

Der aufmerksame Leser wird schnell feststellen, dass insbesondere die Eintragung auf der Tafel für die Trittligasse 36 nicht ganz korrekt ist, aber das soll hier nicht kritisiert werden. Es ist nunmal durchaus nicht einfach, eine so umfangreiche Geschichte zweier Gebäude auf so kleinen Tafeln genau hinzubekommen. Freuen wir uns lieber darüber, dass die Gebäude zum einen unter Denkmalschutz stehen, und somit erhalten werden, und zum anderen die Mechaniker Jakob Goldschmid (1815-1876) und Johann Georg Oeri (1780-1852) auf den Tafeln erwähnt werden.

 

Quelle: https://www.stadt-zuerich.ch/geodaten/download/Liste_der_Informationstafeln_an_Denkmalschutz_Objekten

 

Denkmalschutztafel Trittligasse 34
Denkmalschutztafel Trittligasse 36